01.03.2017:
copyright @ Elly-Heuss-Schule Wiesbaden 2017
15 Zeilen der Betrachtung von Ulrich Poessnecker
Im Museum für Moderne Kunst in Frankfurt, dort wo die Stadt der Banken beinahe am schönsten ist, können in bester Weise Lernprozesse stattfinden, die in der Folge in uns wertvolle innere Bilder erzeugen. Es geht ja darum, sich ein eigenes Bild von der Welt machen zu können und da hilft es, jenen Bildwerken zu begegnen, die im Widerstand zur Ästhetik der Bewusstseinsindustrie der Medien stehen.
Unsere Schule bietet für solcherlei Begegnungen in der Oberstufe pro Halbjahr eine Woche an, die man in sympathischer Weise offen nennt. Nichts wie hinein in die S-Bahnen, sagten sich da am 10. April die Kunsterzieherinnen Berger, Hirsing, Clemons und auch ich. Der Tag war warm und sonnig, der Busstreik sollte erst am nachfolgenden Mittwoch stattfinden.
Allzu erbaulich kommt der Titel der Ausstellung im MMK2 nicht daher: „Image Profile“, was ist das denn wieder? Scheinanglizismus oder modische, inhaltsfreie Substantivdopplung? Wer fragt noch danach, wenn´s gut klingt. Wenn es aber Wert besitzt, darf ich es getrost im Unterricht behandeln. Die Ausstellung hat dann tatsächlich etwas sehr Ehrliches, Gerades, Sachliches, ist kompetent eingerichtet. Ganz wie es das Museum sagt, geht es um Aspekte des Dokumentarischen, Dokumentarfotografie von überzeugender Qualität. Ausgangspunkt der Bilder ist oft genug das Grauen unserer Welt. Der Krieg, der Terror, menschliches Leid.
Thomas Demand, Kader Attia, Anja Niedringhaus, Ryuji Miyamoto, Jeff Wall, und auch der gnadenlose Larry Clark ist ein Held der Fotokamera. Es sind allesamt große Könner, welche hier im MMK eine Vielfalt der Ausdrucksformen von gesellschaftspolitischer Reportage bis hin zu Aspekten subjektiver, konzeptueller oder inszenierter Fotokunst präsentieren. Ein sehr geeignetes Bildmaterial für unsere vier Kunstkurse aus der Wiesbadener Innenstadt. Die Jugendlichen sind motiviert bis unters Dach, ganz weltläufig und diskussionsbereit, was auch den Unterrichtenden Freude bereitet. Während des ganzen, schönen Frankfurter Tages.
Weil das Museum der optimale außerschulische Lernort ist und bleibt, für unser Fach, liegt uns die kunstpädagogische Welt hier zu Füßen. Das MMK1 sollte mir und meiner Gruppe ein gutes Zuhause für weitere lehrreiche Stunden sein. In ihren Möglichkeiten ist diese Stadt wie für mich und meinen Auftrag geschaffen. In der Grundschule geht man mit Klassen auf den Bauernhof oder in den Zoo, im Kunstunterricht der Oberstufe ins Museum, wenn es denn um die hohe Kunst gehen soll. Das Sonnenlicht fällt herab in die belebten Straßenschluchten, wir verschaffen uns Eintritt zur Kunst. Und wie in einer weiten Sonnenlandschaft liegt sie plötzlich vor uns, die Kunst der verstreut ausgelegten Hühnereier, die Kunst eines englischen Sportwagens, der als Originalauto an die Museumswand genagelt wurde. Beim Blitzschlag mit Lichtschein auf Hirsch wirkt der Kurs schließlich beinahe betört. Nun zum Finale: Das Gruppenbild auf der Museumstreppe im Sonnenlicht des Nachmittags. Der Tag verlangt nach Wiederholung. Nicht nur weil der Ort so schön zusammen mit dem dort erworbenen Wissen abgespeichert wird.
Ulrich Poessnecker
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