Der Mörder vom Markusplatz

17.6.1776, Venedig

Ich bin Andrea Ancelotti, 25 Jahre alt und komme aus Venedig. Von Beruf her arbeite ich als Gondoliere, als freiwilligen, beziehungsweise spaßigen Nebenjob arbeite ich als Meuchler. Ich bin ein Einzelgänger, gehöre also nicht zu einer Bande von Mördern oder so, das will ich nicht. Bisher habe ich drei Menschen auf dem Gewissen: einmal ein Gondelmitfahrer, den ich bei Nacht und Nebel ertränkt habe, dann noch meinen Nachbarn, der sich beschwert hatte, dass ich nachts zu laut die Treppe hochkommen würde, er hatte bei der letzten Beschwerde dann ein Messer im Rücken, und noch meinen größten Feind seit der Schulzeit, Francesco di Carossi, ihn habe ich in einer Gasse nahe dem Markusplatz im Schutze der Dunkelheit mit meinen Fäusten niedergestreckt.

Das ist allerdings schon vier Jahre her. Damals hatten sie noch nach mir gefahndet, gaben dies allerdings auf, da ich mich in der Zeit in Florenz versteckte. Naja, da mich die Leute immer schön grüßen, nehme ich an, dass ich nicht wie ein Mörder aussehe, und das stimmt auch. Ich habe keine blutigen Narben, und auch keine schwarzen Ringe unter den Augen. Auf jeden Fall habe ich vor, mal wieder zu morden, und das tue ich heute. Für das Vorhaben brauche ich nichts weiter als eine mehr oder weniger wehrlose Person, die nach „Santa Maria della Grazia“ will, eine winzige Insel vor Venedig. Viel zu sehen gibt es da nicht, deswegen geht keiner dorthin, und genau aus dem Grund muss ich sie einem ahnungslosen Touristen empfehlen. Mein Mord wäre dann ganz einfach. Nur das Ruder nehmen und ihn totschlagen. Und falls das nicht funktioniert, ganz leicht niederstechen. Mein schönes Messer mit dem goldenen Griff und der gebogenen Klinge habe ich in meiner Gürteltasche verstaut, nur für den Fall, versteht sich. Und genau deswegen sollte ich mich jetzt schon mal auf zu meiner Gondel machen, die liegt nämlich am anderen Ende der Stadt, und es ist schon halb sieben abends. Also auf geht’s, vorbei an der Bäckerei, aus der es immer herrlich nach frischem Brot und Süßwaren aller Art riecht, und dann die Promenade entlang. Dort sitzen um diese Jahreszeit immer sehr viele Tauben, außerdem wollen alle Leute das gute Wetter genießen. Ich marschiere also den Weg entlang, zum Hafen, wo meine kleine schwarze Gondel auf mich wartet. Das Ruder liegt noch darin, also kann es gleich losgehen. Ein paar Minuten muss ich nur warten, da erscheint auch schon Einer, aus Deutschland oder Österreich, ungefähr sechzig Jahre alt, marschiert er über den Steg, offensichtlich auf der Suche nach einer Gondel. Vor dem Zugang zu meiner Gondel bleibt er stehen. Er fragt, ob ich ihm zeigen könne, wo die Insel "Santa Maria della Grazia" liegt. Er spricht Italienisch, wenn auch sehr brüchig. Ich verstehe ihn dennoch. Doch dass es so einfach wird, das hätte ich nicht vermutet, sondern ich dachte eher, dass man vor allem diese deutschen Leute überreden müsste, da sie ja schon alles kennen, aus den Büchern ihrer Schriftsteller. Jedenfalls bejahe ich, und helfe ihm über den kleinen Zugang in meine Gondel. Ich biete ihm den Platz an in der ersten Reihe, stelle mich auf das Podest, und schon geht es los, zu der nicht weit entfernten Insel, gerade mal tausend Meter sind es von Venedig zur Insel. Wir setzen schweigend über, der Mann sieht sich alles an, und staunt. "Ist das hier um diese Jahreszeit immer so ruhig?", fragte der Mann auf einmal. Er spricht immer noch sein sehr brüchiges Italienisch, aber verstehen tue ich ihn immer noch gut genug. "Ja", antworte ich, ebenfalls auf Italienisch, "in den Wintermonaten ist es lauter, da die ganzen Zugvögel hier über Venedig fliegen, und dasselbe tun sie im mittleren bis späten Frühling." Er nickt, also hat er mich wohl verstanden. Es geht weiter, sanfte Wellen schlagen gegen die Gondel und bringen sie zum Schaukeln, aber abgesehen davon ist es eine angenehme Fahrt. Dass die Gondel auf dem Meer so gut fahren kann, liegt daran, dass ich sie ein bisschen umformatiert habe. Ich habe die Halterung ein leichtes Stückchen nach oben gebogen, und anstatt eines gewöhnlichen Gondelsteuers habe ich ein normales Ruder wie für ein Ruderboot. Der Mann genießt die Sonne, doch er weiß noch nicht, dass sein Leben in wenigen Minuten beendet sein wird. Nach weiteren fünf Minuten kommen wir an. Die Insel ist tatsächlich nicht schön, eine Ruine von einer Burg steht einsam herum, die umgeknickte Fahne oben ist verwittert, und der Gestank ist nicht auszuhalten. Der Mann steigt aus und setzt einen Fuß auf das tote Gras. Es knackt leicht. Ich folge ihm, und ziehe das Ruder noch schnell aus der hölzernen Halterung, bevor ich ebenfalls die Insel betrete. Ich will schon ausholen, als der Mann sich plötzlich umdreht, und das hinuntersausende Ruder reflexartig am Stiel packt, es kurz dreht und mir entwendet. Ich ziehe blitzschnell mein Messer, wohl doch eher Schwert, heraus, und ziehe es im letzten Moment hoch, bevor mich das Ruder treffen kann, denn der Alte weiß, dass ich ihn umbringen will. Das Ruder prallt zurück und trifft ihn im Gesicht. Es knackt kurz, und ich erkenne, wie seine Nase bricht und Blut daraus strömt. Doch jetzt wird er erst richtig wütend. Er ist wirklich kräftig für sein Alter, er spannt alle seine Muskeln an, es sind wirklich viele, und stürmt auf mich zu, springt auf mich, packt mich und reißt uns beide ins

Meer. Meine Waffe rutscht mir aus der Hand, und sie landet auf der Uferkante. Ich will es mir holen, doch ich spüre, wie der Mann an mir zerrt. Ich drehe mich um, mit ausgefahrenem Ellbogen, und treffe ihn an der Schläfe. Er ballt die Faust und schlägt mir ins rechte Auge, und das ist der Moment, in dem ich das Bewusstsein verlor und in die Tiefe sinke. Das Letzte, was ich sehe, ist der Mann, wie er sich das Messer schnappt, meine Gondel besteigt und flüchtet. Dann wird alles um mich herum schwarz.

Kurz darauf werde ich glücklicherweise schon wieder wach. Ich bin wohl zur Oberfläche getrieben, und habe mich dann, in welchem Zustand auch immer, an Land geschleppt. Meine Erinnerung an die letzten Minuten habe ich verloren, doch die Sonne ist noch nicht untergegangen, also bin ich nicht sehr lange bewusstlos gewesen. Doch wer höchstwahrscheinlich schon weg ist, ist dieser deutsche Dieb. Doch woher soll ich wissen, wo er ist? Mein Blick fällt zur Ruine. Eine Steintreppe ist im Turm, die könnte ich ja hochgehen und von oben Ausschau halten. Kurz darauf komme ich oben an, und habe einen perfekten Ausblick auf Venedig. Doch mein Blick sucht nach einem Mann, der etwas unsicher eine Gondel steuert. Da! Richtung offenes Meer verschwindet gerade eine mächtig wackelnde Gondel. Sie schwimmt zwar noch nah genug am Hafen, aber außer Sichtweite der Menschen. Zu meinem Glück erkenne ich ein kleines, mit Algen bewachsenes Ruderboot, mit einem jungen Mann. Er hat nur einen Passagier. Das würde ein Kinderspiel werden. Ich sprinte die Stufen zurück nach unten. Als ich am Ufer ankomme, tauche ich ab, schwimme zum Grund, der nur gut fünf Meter weiter unten liegt, stoße mich ab, und schnelle kurz vor dem Boot hoch, um mich hineinzuziehen. Der Passagier sitzt wie angewurzelt da. Ich mache einen Schritt auf den Fahrer. Er will gerade um Hilfe schreien, da packe ich ihn im Schwitzkasten, drücke zu, so fest es nur geht, und reiße den Kopf zur Seite. Er kippt seitwärts ins Wasser. So schnell geht das. Dieser junge Mann ist tot. Jetzt höre ich, wie der Passagier aufspringt. Er will mich packen, doch ich drehe mich blitzschnell um, ergreife seinen Hals mit den Händen, und drücke zu. Das Gesicht wird blau, seine Augen weiteten sich, und er bekommt kaum noch Luft. Dann schlage ich ihm mein Knie in den Bauch, er würgt kurz, dann sackt er nach vorn. Auch er stirbt. Ich nehme das Steuer in die Hand und folge dem Dieb. Ich bin schneller, doch er muss mich bemerkt haben, denn ich erkenne, wie er einen Zahn zulegt. Doch ich bin jetzt nicht mehr zu halten. Ich rudere so schnell es meine Kräfte zulassen. Meine Gondel und das geklaute Boot befinden jetzt nur noch wenige Meter von einander entfernt. Jetzt oder nie. ich nehme noch zwei, drei, vier kräftige Schläge, dann liegen die Boote nah genug beieinander. Ich springe zur Front meines geklauten Bootes, über den Toten hinweg und hechte auf meine eigene Gondel. Der Mann schnappt sich mein Schwert, poltert auf mich zu, springt ab, und diesen Bruchteil einer Sekunde nutze ich. Ich renne geduckt unter ihm durch, auf die andere Seite, hole das Ruder aus seiner Halterung, und warte auf seinen Sprung. Der folgt auch schnell, doch diesmal ziehe ich das Ruder hoch, und er stößt mit voller Wucht dagegen. Er sinkt zu Boden, und lässt das Bajonett fallen. Er will sich schon wieder aufrappeln, doch auch diesmal bin ich schneller. Ich trete ihm ins Gesicht, lasse das Ruder fallen, greife nach dem Schwert und stelle mich kampfbereit hin. Doch der Mann liegt nur da, und ich lasse die Waffe sinken. Ich drehe mich um, und will schon gerade wieder auf das Boot wechseln, als er sich noch ein letztes mal aufrappelt, erneut zum Angriff ausholt, und auf mich zuspringt, ein seitlich ausgestrecktes Ruder in der rechten Hand. Ich ducke mich, doch zu spät, das Ruder streift meinen Kopf, und ich spüre, wie eine Platzwunde entsteht. Ich stoße gegen die Kante und falle aus der Gondel, doch ich lebe noch, und ich nutze die restliche Kraft, um mein eigentliches Mordopfer nun endlich umzubringen. Ich ziehe an der Gondel und sie kippt um. Der Mann fliegt ins Wasser, doch er paddelt direkt wieder auf mich zu. Ich rette mich auf die umgedrehte Gondel, doch mein Opfer erklimmt sie zur selben Zeit wie ich. Doch hier bin ich der Sieger. Ich sehe nämlich, dass er nicht gut die Balance halten kann, also springe ich auf und ab. Die Gondel wackelt, und noch während ich hüpfe, springe ich ihn auf einmal mit ausgefahrenem Messer an, diesen Mann, der hier gleich runterfallen wird. Das Letzte, was ich noch sehe, ist, wie er geschockt versucht auszuweichen, doch da dringt das Messer schon in sein Herz ein, und er fällt endgültig. Ich falle mit ihm, kann aber das Messer noch aus ihm herausziehen, bevor ich mit dem Kopf gegen ein Riff knalle, dem wir uns mit der Strömung genähert haben, und ebenfalls der Verlierer dieses Kampfes bin.

 

Das Opfer vom Altmarkt

10.6.1776

Mein Name ist Friedrich Leitner. Ich bin 64 Jahre alt und komme aus Cottbus, einer Stadt im Osten Deutschlands. Ich bin ein Musiker, allerdings nicht so berühmt wie Georg Friedrich Händel, eher im privaten Bereich, für Freunde oder dergleichen, allerdings auch für den örtlichen Chorverein. Letztens habe ich eine Anfrage für einen Maskenball in Italien, besser, in Venedig bekommen, und zwar schon in acht Tagen. Das heißt natürlich, dass ich bald los muss, denn so eine Reise ist sehr lang und ein sehr beschwerlicher Weg ist es natürlich auch. Ein Glück, dass ich genug verdiene, ich habe mir eine Kutsche gemietet. Laut Aussage des Fahrers wird die Fahrt fünf bis sechs Tage dauern, das heißt, ich habe vor Ort dann nur noch etwa zwei Tage Zeit, mir Venedig anzugucken.

Ich bin heute Morgen bei Sonnenaufgang angekommen. Ich habe ein kleines Zimmer, in einer ebenfalls recht kleinen Herberge, direkt an der Promenade. Erstmal habe ich mich ausgeruht, danach aß ich in einer guten Taverne am Markusplatz einen frischen Fisch mit Rüben, und nun suche ich eine Gondel, die mich zur Insel „Santa Maria della Grazia“ bringen soll. Dafür muss ich zu einem kleinen Steg gehen, an dem viele Gondeln liegen. Ein Glück, dass ich ihn so schnell finde. Da ist ja auch schon jemand, der sehr nett aussieht: Schwarze Haare, grüne Augen und ein nettes Lächeln im Gesicht. Er scheint mich auch bemerkt zu haben. Das Einzige, was mich noch wundert, ist, dass er seine Gondel ein bisschen umgebaut hat, sie lässt sich wahrscheinlich auch gut auf dem Meer fahren, da er die Halterung nach oben gebogen hat, sodass man das Ruder auch, oder eher vor allen Dingen waagerecht darauf legen kann. Jedenfalls probiere ich jetzt mal, ihn anzusprechen.

„Vadi e Santa Maria della Grazia?“, frage ich ihn und bemerke, dass es sich nicht so gut anhört. Doch er versteht mich trotzdem. Er nickt, und antwortet mit „ja“. Er bietet mir den Platz in der ersten Reihe an, und ich setze mich. Da geht die Fahrt auch schon los. Es ist sehr ruhig und sehr sonnig. Ich frage mich, ob es hier immer so ruhig ist, und teile meine Frage mit ihm. Er erzählt, dass es aufgrund der von Norden kommenden Zugvögel im Winter sehr laut ist, und dass es gegen Ende des Frühlings auch noch laut ist, dann kommen die Zugvögel wieder zurück nach Norden. Kurz darauf kommen wir auch schon an, und ich frage mich, warum ich ausgerechnet hier hin will. Es stinkt, und bis auf eine Ruine von einem Turm steht hier auch nichts Tolles herum. Nur totes Gras, und ich höre, wie es knackt, als ich einen Fuß darauf setze. Hinter mir höre ich nur ein komisches Rascheln. Ich sehe noch aus den Augenwinkeln, wie der Gondoliere das Ruder hochnimmt und ausholt. Rasend schnell drehe ich mich wieder um, halte das Ruder mit der Hand auf, drehe es und entziehe es meinem Mörder. Der holt aus seinem Gürtel ein riesiges Messer, und macht sich kampfbereit. Ich spanne alle meine Muskeln an, renne geduckt auf ihn zu, bewaffnet mit dem Ruder, und schmeiße ihn ins Wasser. Als ich wieder auftauche, sehe ich, wie er probiert, zurück zum Ufer zu gelangen, doch ich zerre heftig an ihm. Er fährt herum und schlägt mir mit seinem Ellbogen gegen die Schläfe. Ich sehe kurz schwarz, besinne mich dann aber wieder, und schlage ihm ins Gesicht. Er verliert anscheinend das Bewusstsein, er schließt die Augen und sinkt. Ich schwimme zum Ufer, schnappe mir Ruder und Messer, und fische mit dem Ruder nach dem Mann. Ich hebe seinen Bauch an, ziehe ihn hoch und platziere ihn an Land. Dann flüchte ich.

Es ist sehr schwer, eine umgeformte Gondel zu fahren, wobei es für Anfänger bestimmt auch schwer ist, eine normale zu fahren. Deshalb blicke ich mich auch regelmäßig um, um zu schauen, ob dieser Typ mir folgt. Doch erstmal sehe ich niemanden, der dem Mann überhaupt ähnelt. Oder doch? Doch, da, ich sehe ich etwas Verdächtiges, da paddelt etwas Großes, Muskulöses im Wasser, das gerade ein Ruderboot ansteuert. Und auf einmal spritzt eine Wasserfontaine nach oben, und ich erkenne den Gondoliere, wie er sich in das Ruderboot zieht. Er bricht dem Fahrer das Genick, stößt ihn aus dem Boot, und behält mich im Auge, bevor er den Mitfahrer erwürgt, und sich an die Verfolgung macht. Ich lege einen Zahn zu, doch zu spät, und er ist schon sehr nah. Es wird immer brenzliger, bis er auf einmal sein Boot stoppt, auf meins springt, und sich in eine Kampfposition bringt. Er ballt die Fäuste. Ich ziehe die gestohlene Waffe und springe auf ihn zu. Er hechtet unter mir weg, auf die andere Seite der Gondel, und zieht das Steuer heraus. Ich bringe mich erneut in Position, und warte den nächsten Angriff nicht mal ab, sondern mache ihn selber. Doch den Trick des Mörders erkenne ich zu spät. Er reißt das Ruder hoch, und ich rausche mit voller Wucht dagegen. Es wird alles schwarz, und ich sehe nichts mehr. Die Waffe rutscht mir aus der Hand und schlittert davon. Er springt an mir vorbei, und mir entfährt ein spitzer Schmerzensschrei, als er mir ins Gesicht tritt. Er ergreift im Sprung das Messer und zieht sich auf die andere Seite zurück. Doch ich bin entkräftet, und hoffe um meinetwillen auf das schnelle Ende. Dass sich die kalte Klinge in meinen Rücken bohrt, dass ich noch einen kurzen Schmerz spüre, bevor das Leben meinem Körper entweicht. Aber es passiert nichts. Ich höre nur die Wellen rauschen. Doch als ich die Augen wieder öffne, erkenne ich das Ruder, das nur etwa eine halbe Armlänge von mir entfernt liegt. Ich wäge meine Alternativen ab. Entweder ich bleibe hier schutzlos liegen und warte auf den Tod, oder ich überwältige den Mann und lasse ihn in einen Kerker sperren. Ich entscheide mich, packe das Ruder, drehe mich, springe auf ihn zu und hole mit dem Ruder aus. Er duckt sich vergeblich. Ich erwische seinen Kopf, und ich sehe eine Platzwunde. Er fällt aus dem Boot, doch er behält die Nerven und hängt sich an die Gondel. Sie fällt um, und ich werde gut drei Meter nach hinten geschleudert. Er flüchtet sich auf die umgedrehte Gondel, doch ich verfolge ihn, so schnell, dass wir die Gondelunterseite zur selben Zeit erreichen. Doch jetzt wird mir bewusst, dass ich nun erst wirklich schutzlos bin. Das Ruder treibt im Wasser, ich kann die Balance nicht halten, und zu allem Überfluss springt er auf und ab. Ich falle fast runter, und hier ist jeder falsche Schritt tödlich. Das liegt daran, dass etwa zwei Meter unter uns ein Riff aufgetaucht ist, dem wir uns mit der Strömung genähert haben. Doch darüber kann ich nicht mehr nachdenken. Denn der Mann springt mich an. Ich sehe dieses Tier. Es kommt auf mich zu, und das Letzte, was ich spüre, ist die kühle Messerklinge, die erst in das Herz eindringt und mir einen ungeheuren Schmerz versetzt, bevor sich der kalte Gegenstand wieder entfernt. Ich sehe noch, wie der Mann gegen das Riff geschleudert wird, der Stein in seinen Kopf eindringt und ihn umbringt, bevor das Blut aus der Wunde spritzt. Ich taumele noch zwei Schritte, dann breche ich zusammen, und rolle von der Gondel. Ich falle ins kühle Wasser, doch ich habe keine Kraft mehr, um zur Oberfläche zurück zu gelangen. Dann wird alles schwarz, und ich kriege keine Luft mehr.

Quentin Stephan, 7f

 

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