Wo du reingehst, musst du erst mal wieder raus

Die Nacht war schwarz wie Tinte. Die Laternen schienen nur noch matt und das fahle Licht reichte nicht aus, um die ganzen Gestalten zu beleuchten, die im Schutz der Dunkelheit umherliefen. Eine dieser Gestalten war Detlef. Der dumme Dieb Detlef, der so hieß, da ihm beim Klauen und Einbrechen oft Fehler unterliefen, die einem Einbrecher sonst nicht passieren sollten, aber dazu später mehr. Jedenfalls wollte Detlef irgendwo einbrechen. Wo, war ihm egal, Hauptsache er ließ etwas mitgehen, das mehr als 200 € wert war. Als er an einem unscheinbaren Betonhaus vorbeikam, dachte er, da könnte man doch einbrechen, denn das Eisentor war unverschlossen. Er ging darauf zu, besser gesagt, er torkelte, da er schon ein wenig getankt hatte.

 

Lektion 1:

Sei als Einbrecher niemals betrunken!!!

Als er es nach mehreren Anläufen dann endlich durch das Tor geschafft hatte, stand er auf einem kleinen Parkplatz. Es stand nur ein Auto da, und das musste da schon ewig stehen, denn unter dem Auto wuchs bereits Gras. Er blickte sich um, weiter hinten sah er einen Bolzplatz mit runterhängenden Netzen, und am Ende dieses Parkplatzes eine weitere offene Tür. Er schwankte wie ein Dampfer bei einem Sturm darauf zu. Jedenfalls dachte er, dass es eine offene Tür war… Wie sich herausstellte, war es aber eine Glastür. Er prallte mit solch einer Wucht gegen die Tür, dass das Glas zerbarst und Detlef wie ein Kartoffelsack zu Boden sank. Er hatte eine kleine Wunde an der Stirn, aber sonst nichts.

Lektion 2:

Lasse niemals Spuren zurück, schon gar nicht, wenn du nicht auf Lektion 1 gehört hast!!!

Immerhin tat sich ein großes Loch auf, durch das er perfekt ins Gebäude eindringen konnte. Die lange Treppe, die sich vor ihm auftat, war von einem blauen, unglücksfarbenen Teppich gesäumt, der bereits ein paar Flecken hatte, und der Teppich stieß noch dazu einen undefinierbaren Geruch aus. Detlef jedenfalls versuchte, möglichst keinen Fleck zu treffen, was bei dem Zustand seiner Schuhe allerdings egal gewesen wäre, da bei dem Linken die Sohle fehlte, und es den Rechten eigentlich gar nicht mehr gab; er wurde aus den Resten der Schnürsenkel und ein paar Fetzen von der Sohle zusammengehalten. Er lief hoch, in einen Gang hinein. An der Wand hatte jemand mit Farbe gesprüht:

DEIne mUTtER iSs heSsLICh

Detlef betrachtete die Schrift. „Echt schön“, sagte er, und ging weiter. Alle Türen hatten Zahlen in einer Ecke, von deren Aufschrift die Farbe schon fast komplett abgeblättert war. Vor einer Tür blieb er stehen. Auf der Tür klebte ein zerrissenes, vergilbtes Blatt, auf dem „Medienraum“ stand. „Dahinter würde ich PCs und mehr erwarten“, meinte er freudig in die Stille, und führte einen Freudentanz auf.

Lektion 3

Sei niemals zu auffällig beim Einbrechen, vor allem, wenn du nicht tanzen kannst!!!

Nach einiger Zeit hörte er auf rumzuzappeln und überlegte, wie er die Tür öffnen könnte. Er sah im sehr schwachen Licht der Oberlampe in einer Ecke einen Stuhl. Wie immer, war sein Einbruch völlig ungeplant, und auf die Idee, ein Brecheisen mitzubringen, war er gar nicht gekommen. Er holte den Stuhl, doch auf dem Stuhl war eine klebrige Flüssigkeit, und er schrie auf, da die Flüssigkeit bestialisch stank. Sie stank nach gammligem Fleisch und Schweiß, keine Ahnung, was das war. Da es ja unmenschlich stank, wurde ihm ganz schlecht und er drehte sich im Kreis und lief in irgendeine Richtung, bloß nicht in die des Medienraumes. Als er nach einiger Zeit auf einmal gegen eine Wand stieß und diese sich nach innen öffnete, merkte er, dass er auf einen weiteren Raum gestoßen war. Da stand er nun, festgeklebt an einen Stuhl, irgendwo in diesem großen Gebäude. „Ich glaube, dass ist eine Schule“, flüsterte er sich zu. Langsam merkte er wieder was. Da, auf einem der Tische, die in Hufeisenform aufgestellt waren, lag ein Tütchen Brausebonbons. Er zog mit einer freien Hand am Stuhlbein, und sofort löste der Stuhl sich. Er nahm die Tüte in die Hand und öffnete sie. Doch er bemerkte das kleine Warnschildchen mit dem Totenkopf nicht mehr, auf dem „Ecstasy“ stand. Er schluckte die Pillen einfach, eine nach der anderen, und merkte vor Hunger den Geschmack gar nicht. Vollkommen hyperaktiv stürmte er nun aus dem Raum, mal in den Gang, mal in den, doch er fand einfach nicht raus. Er sah auch alles doppelt, er dachte er schiele. Als er einmal über einen seiner Schnürsenkel, wenn man das überhaupt noch so nennen darf, stolperte, schimpfte er in hellem Aufruhr mit dem Skelett, dass in seinen Gedanken vor ihm stand. Jedenfalls war es ein Skelett für ihn, bis es ihm eine schallerte. Detlef sah auf und sah vor sich einen jungen Polizisten. „Aufstehen und mitkommen!“, befahl der Polizist mit harter Stimme und zog Detlef am Arm hoch. Der war von seinem Vollrausch noch ganz benebelt und sah alles nur verschwommen. Draußen auf dem Parkplatz stand nun ein weiteres Auto, ein VW Passat um genau zu sein, und zu dem gingen sie nun.

Wenn ihr wissen wollt, wie es Detlef geht, dann besucht ihn in seinem Gefängnis, 3. Stock Zelle 38, oder lasst es. Aber das Sprichwort hat schon Recht:

Lektion 4

Wo du reingehst, musst du erst mal wieder raus!!!    

Quentin Stephan, 7f

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